• von Luxor/Esna nach Assuan |
• ab Assuan oder Abu Simbel |
• paradiesische Lage direkt am Nil |
• unweit vom Nil / Banana Island |
Leben in Luxor: Tempel außerhalb von Luxor - Tempel von Edfu (إدفو)
von Claudia Ali, 13.11.18
Tempel von Edfu, © Leben in Luxor
Edfu (arabisch: إدفو, Idfū) liegt etwa 100 km südlich von Luxor auf der westlichen Uferseite und ist über eine Brücke mit dem Ostufer verbunden. Bekannt ist Edfu für seine Zuckerfabriken, seine Töpfereien und seinen Tempel am westlichen Stadtrand. In pharaonischer Zeit war Edfu Hauptstadt des 2. oberägyptischen Gaues und ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt zwischen dem Niltal und den Karawanenwegen zur Oase Charga.
Edfu-Tempel aus der Luft 1922
Geschichte
Die frühesten altägyptischen Belege für die Region um Edfu stammen aus der 5. Dynastie. Der jetzige Tempel von Edfu entstand auf dem Gelände früherer Tempelbauten. 1985 wurden einige dekorierte Blöcke aus der 17., 18., 25. und 26. Dynastie im Hof des Tempels ausgegraben.
Description de l'Égypte: Edfou (Apollinopolis Magna) - Vue générale, 1798-1799
Die ptolemäischen Kaiser bauten den Tempel von Edfu von 237 bis 57 v. Chr. aus Sandstein in nordsüdlicher Richtung wieder auf. Die Grundsteinlegung für die inneren Kammern fand am 23. August 237 v. Chr. unter Ptolemaios III. (Euergetes I.) statt. Sein Nachfolger Ptolemaios IV. erbaute 212 v. Chr. das Allerheiligste des Tempels. Nach einem langen Baustopp nahm Ptolemaios VI. 176 v. Chr. die Bauarbeiten wieder auf. 147 v. Chr. ließ Ptolemaios VII. den eigentlichen Tempelbau fertigstellen. Die Weihung des Heiligtums erfolgte am 10. September 142 v. Chr. durch Ptolemaios VIII. In den Regierungszeiten von Ptolemaios IX. und Ptolemaios X. wurde der Pronaos weiter nach vorn verlegt, der Säulenhof errichtet und der Pylon gebaut. Am 5. Dezember 57 v. Chr. waren schließlich nach insgesamt 180 Jahren Bauzeit alle Arbeiten abgeschlossen.
Jahrhundertelang lag der Tempel von Edfu bis hin zu den Kapitellen im Sand begraben, daher ist sein Mauerwerk in einem nahezu perfekten Zustand. Die Farbe ist allerdings fast ganz von den Wandreliefs verschwunden.
Félix Teynard (1817-1892): Edfou, Galerie Latérale de la Cour et Pronaos, 1851-1852
Die älteste überlieferte Beschreibung des Tempels von Edfu stammt von einem unbekannten Venezianer, der Ägypten und Nubien 1589 bereiste. 1798-1799 wurde die Tempelarchitektur erstmals durch die französische Expedition Napoleons studiert und in der Description d’Égypte veröffentlicht. Gleichzeitig hielt sich auch Vivant Denon in Edfu auf.
Félix Teynard (1817-1892): Edfou, Vue Générale du Temple, 1851-1852
1860-1875 ließ Auguste Mariette, der damalige Direktor des Service des Antiquités de l'Égypte, den Edfu-Tempel freilegen und fast einhundert der modernen Gebäude abreißen, die auf seinen Seiten standen. Henri Édouard Naville kopierte 1865 die Texte des Tempels. Eine umfassende Restaurierung fand durch Alexandre Barsanti in den Jahren 1902-1907 statt.
Tempel von Edfu: Restaurierungsarbeiten durch Alexandre Barsanti, 1902-1907
Seit 1986 übersetzt das Hamburger Edfu-Projekt die Inschriften des Edfu-Tempels. Sie sind von großer wissenschaftlicher Bedeutung, da sie detailliert die Funktionen des Tempels und die Zeremonien der Priesterschaft beschreiben.
Alan J. Cobham: Edfu 1926
Kult
Der Tempel von Edfu ist einer lokalen Erscheinungsform von Horus, dem Gott Horus Behdety (Behdet war der alte Name von Edfu), in Gestalt einer geflügelten Sonnenscheibe geweiht, die schon in prädynastischer Zeit verehrt wurde und die Schöpferkraft des Sonnengottes mit der Schnelligkeit und Kampfkraft des Falken verschmilzt.
Leon Jean Josephe Dubois: Die geflügelte Sonnenscheibe - ein Aspekt des Horus von Edfu, 1823-1825
Im Tempel fanden in ptolemäischer Zeit wichtige Feste zu Ehren des Falkengottes Horus statt. Neben dem Neujahrsfest feierte man jedes Jahr die Hochzeit des Horus von Edfu (Hor-Behdeti) mit der Hathor von Dendera (Hat-Hor-Iunet) sowie das Fest des Sieges von Horus über Seth. Der Sage nach bestand Horus in Edfu einen seiner größten Kämpfe gegen Seth.
Tempel von Edfu: Ein Wandrelief der Außenwand zeigt den Kampf zwischen Horus und Seth dargestellt als Nilpferd. © Rémih
In einem eigenen Tempel wurden lebendige Falken aufgezogen. Einen von ihnen krönte man jedes Jahr im Tempelhof und machte ihn so zum lebendigen Symbol des Horus. Leider sind von dem Vogelhaus keine Spuren mehr erhalten.
Grundriss
Grundriss: |
Tempel von Edfu: Modell, © Edfu-Projekt
Querschnitt durch den Tempel von Edfu, aus: Wildung, D., Ägypten von der Prähistorischen Zeit bis
zu den Römern, 1997
Gerne organisieren wir für Sie einen Ausflug zum Tempel in Edfu, der sich gut mit einer Besichtigung von Gebel el-Silsila kombinieren lässt - was übrigens beides auch im Rahmen einer Dahabeya-Nilkreuzfahrt möglich ist. Teilen Sie uns Ihre Wünsche mit, wir erstellen Ihnen ein Angebot!
Rundgang
Ursprünglich umgab den Tempel auf allen Seiten eine etwa 10 m hohe steinerne Umfassungsmauer. Heute ist sie nur noch teilweise erhalten. Weiter außen lag eine weitere, heute nur noch in Abschnitten aufrecht stehende Begrenzungsmauer aus Lehmziegeln.
Tempel von Edfu: Lehmziegelmauer, © Leben in Luxor
Man betritt den 137 m langen Tempel von Süden her durch den 76 m breiten und fast 36 m hohen Pylon (1), ein achtgeschossiges Bauwerk bestehend aus zwei spiegelbildlich angelegten und durch eine Brücke verbundenen Pylon-Türmen mit zwei Treppenhäusern und 36 Innenräumen, gebaut mit bis zu 50 Tonnen wiegenden Blöcken. Hier soll der Tempelschatz aufbewahrt worden sein.
Tempel von Edfu: Pylon, © Leben in Luxor
Querschnitt durch den Pylon des Tempels von Edfu, aus: Wildung, D., Ägypten von der Prähistorischen Zeit bis zu den Römern, 1997
Der Pylon ist mit Reliefs des Horus-Behdety und der Hathor-Iunet geschmückt. Die beiden Götter blicken auf die übliche Darstellung des Pharaos beim Niederschlagen seiner Feinde. Vor dem Pylon steht zu beiden Seiten des Eingangs je eine Falkenstatue aus schwarzem Granit. Die ursprünglich vorhandenen Obelisken fehlen heute.
Tempel von Edfu: Horus-Statuen vor dem Pylon, © Leben in Luxor
Durch den Pylon gelangt man in den Vorhof (Opferhof, 2), dessen Eingang ebenfalls von zwei Horus-Falken flankiert wird. Schrankenwände an der hinteren Seite trennen den Vorhof, der an Festtagen für die Bevölkerung zugänglich war, vom eigentlichen Heiligtum
Tempel von Edfu: Vorhof mit Blick auf die Säulenhalle, © Leben in Luxor
An 3 Seiten des Vorhofes befinden sich Kolonnaden mit insgesamt 32 Säulen.
Tempel von Edfu: Vorhof mit Blick zurück auf den Pylon, © Leben in Luxor
Das eigentliche Heiligtum beginnt mit der Ersten Säulenhalle (Pronaos, 3). In 3 Reihen stützen hier je 6 Säulen mit unterschiedlichen Kapitellen die Decke.
Tempel von Edfu: Erste Säulenhalle, © Leben in Luxor
Tempel von Edfu: Säulenkapitelle in der Ersten Säulenhalle, © Leben in Luxor
Tempel von Edfu: Decke in der Ersten Säulenhalle, © Leben in Luxor
Zwei kleine Kapellen auf der Rückseite der Schrankenwand wurden von den Priestern als Bibliothek bzw. als Robenraum genutzt.
Tempel von Edfu: Rechte und linke Kapelle in der Ersten Säulenhalle, © Leben in Luxor
Von der Ersten Säulenhalle gelangt man in die kleinere Zweite Säulenhalle (Festsaal, 4) mit je 4 Säulen in 3 Reihen. Hier befindet sich ein Relief, das von Präastronautikern (Anhängern der Parawissenschaften) gerne als erstes WiFi-Signal der Weltgeschichte gedeutet wird:
Tempel von Edfu: "WiFi" , © Leben in Luxor
An den Seiten der Zweiten Säulenhalle liegen drei Räume: rechts der "Raum der flüssigen Opfergaben"; links der "Raum der festen Opfergaben", und ein Arbeitsraum (Labor) zur Vorbereitung der Opfergaben, z.B. die Mischung von Weihrauch. Durchgänge auf beiden Seiten führen zu kleinen Kammern, einem Brunnen außerhalb des inneren Umgangs und zu Treppen aufs Dach. Die östliche (rechte) Treppe führt in einem nahezu quadratischen Treppenhaus rechtwinklig nach oben und entspricht in ihrem Verlauf dem Aufsteigen des Falken in den Himmel. Die lange, in einer Richtung verlaufende Treppe auf der Westseite (links) versinnbildlicht seinen Sinkflug. Die Dachkapelle ist heute nicht mehr vorhanden, sah aber wohl (wie auch das Treppenhaus) aus wie die in Dendera.
Tempel von Edfu: Die linke Treppe zum Dach und die rechte vom Dach, © Leben in Luxor
Von der Zweiten Säulenhalle gelangt man in zwei aufeinander folgende Vestibüle (5 und 6) und von dort zum Allerheiligsten (Barkenraum, 7), ein eigenes in sich abgeschlossenes kleines Bauwerk, das zu den ältesten noch existierenden Tempelteilen gehört. Licht konnte nur durch eine kleine Öffnung in der Decke einfallen. Über vier Treppenstufen betraten die Priester und der König das Allerheiligste. Hier wurde die Statue des Hauptgottes aufbewahrt. Sie stand in einem vier Meter hohen Schrein (Naos) aus Granit, der aus der Regierungszeit von Nektanebos II. (360 v. Chr.) stammt. Davor, in der Mitte des Allerheiligsten befindet sich der Sockel für die Heilige Barke des Horus, ebenfalls aus Granit.
Tempel von Edfu: Allerheiligstes mit Heiliger Barke (Replik), © Leben in Luxor
Die umfangreichen Inschriften an den Wänden benennen den Zweck und Funktion der Kapellen (8 - 19), die um das Sanktuar herum liegen und den einzelnen Gottheiten des Horuskults geweiht waren. Der erste Durchgang rechts führt in einen nach oben offenen Hof (Neujahrsfesthof), von dem sechs Treppenstufen in die Wabet, eine Kapelle für die Krönungszeremonie des Horus am Neujahrsvorabend, führen.
Tempel von Edfu: Wabet, © Leben in Luxor
Tempel von Edfu: Zeichnung der Wabet-Decke von Henri Faucher-Gudin
Auf beiden Seiten der Ersten Säulenhalle führt ein schmaler Durchlass in einen ca. 4 m breiten Umgang, der zwischen der 10 m hohen Umfassungsmauer und den Außenwänden des Tempels liegt. So wird ein Abstand zwischen dem Heiligtum und seiner Umwelt geschaffen.
Tempel von Edfu: Umgang, © Leben in Luxor
Tempel von Edfu: Rückwärtige Umfassungsmauer, © Leben in Luxor
Außenanlagen
Neben dem Tempel des Hor-Behdety wurden einige Siedlungsreste der antiken Stadt Tell Edfu sowie Häuser aus der griechischen, römischen und byzantinischen Zeit ausgegraben.
60m Meter südwestlich des Haupttempels liegt ein ptolemäisches Mammisi (Geburtshaus) erbaut von Ptolemaios IX. Es war ein Heiligtum der Hathor von Dendera und entspricht vollständig dem Mammisi am Tempel in Dendera. Hier wurde jährlich die Hochzeit von Horus und Hathor sowie die Geburt ihres gemeinsamen Sohnes Harsomtus gefeiert. Das Mammisi besteht aus einem Vorhof, zwei kleinen Räumen und dem eigentlichen Heiligtum. Zu beiden Seiten des Gebäudes stehen 5 Säulen, an der Rückwand sind es 3.
Tempel von Edfu, © Leben in Luxor
An der östlichen Außenseite des Haupttempels befindet sich ein kleiner in Ost-West-Richtung angelegter Tempel von Ramses III. bzw. die Überreste dessen Pylon.
In den Inschriften des Tempels werden weitere Anlagen erwähnt: auf der Nilseite ein Heiliger See, Kapellen und Wirtschaftsgebäude. Von den Bauten existieren heute nur noch einzelne Blöcke. Der Heilige See liegt unter den Häusern der modernen Stadt begraben, seine Freilegung ist geplant.
Westlich des Tempels wurde ein Freilichtmuseum angelegt. Südlich vom Museum befindet sich der Siedlungshügel der antiken Ortschaft.
Der Tempel von Edfu in der Kunst
John Frederick Lewis (1805-1876): Edfu, 1860
David Roberts (1796-1864): View of Edfu after the excavation of the site
David Roberts (1796-1864): Façade of the Pronaos of the Temple, 1838
David Roberts (1796-1864): View from under the Portico of the Temple of Edfou, 1842
Ausgewählte Quellen
Frank Müller-Römer: Horus von Edfu – Tempel und Mythos, 2012
Ulrike Fauerbach: Der große Pylon des Horus-Tempels von Edfu, Diss. 2009
Kent Weeks: Illustrierter Führer durch Luxor - Grabstätten, Tempel und Museen, 2005
Richard H. Wilkinson: [Anzeige] The Complete Temples of Ancient Egypt, AUC Press, 2000
Karl Richard Lepsius: Denkmäler aus Ägypten und Äthiopien, 1849–1859, Online-Faksimile-Ausgabe des Lepsius-Projekts in Sachsen-Anhalt
[Anzeige] Description de l'Égypte - Napoleons Ägypten 1798 - 1801, 2007
Edfu-Projekt der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen
Buchen Sie jetzt Ihren nächsten Luxor-Urlaub mit einem Ausflug nach Edfu!