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Leben in Luxor Autorenforum: Der Held und die 60.000 Zelte - Die Wallfahrt zum heiligen Georg in Riziqat

von Stefan Gerke (2010)

 

Bildbeschreibungen und Copyright-Informationen erhalten Sie mit Mouseover. Sind die Bildrechte nicht explizit angegeben, liegen sie bei Leben-in-Luxor.de. Externe Links sind mit gekennzeichnet.

 

Jedes Jahr findet vom 1. bis 7. Hatur (10. bis 17. November) die größte oberägyptische Wallfahrt, die zum Kloster des heiligen Georg in Riziqat bei Armant, etwa 30 km südwestlich von Luxor führt, statt. Offizielle Quellen sprechen von 1,5 Millionen Teilnehmern. Mein Nachbar in Luxor, der für die Elektrik Verantwortliche, teilte mir mit, dass etwa 60.000 Zelte mit einem Stromanschluss versehen wurden. Bei etwa 10 bis 15 Personen je Zelt, nicht wenigen Zelten ohne Strom sowie den vielen Tagesbesuchern komme ich zu einem ähnlichen Ergebnis.

Wallfahrt zum heiligen Georg in Riziqat - Hauptstraße, © Stefan Gerke
Hauptstraße

Die Wallfahrt beginnt bereits einige Tage vor dem 1. Hatur. Christen aus allen Gegenden Ägyptens reisen mit PKW, LKW, Pick- up und Bussen an und errichten auf dem Gelände um das Kloster ihre mitgeführten Zelte. In den ersten Tagen entsteht so nach und nach eine durch Pfade und Straßen geteilte Zeltstadt. Während einige Flächen reine Wohngebiete sind, so fühlt man sich auf den breiten Hauptstraßen wie auf der Schildergasse in der Weihnachtszeit. Man trifft auf Verkaufszelte für Bekleidung, Hausrat, Devotionalien, Schmuck, Bücher, Parfüm und Lebensmittel. Es gibt Tee- und Restaurantzelte, Imbisse und natürlich die Stecher. Oft sieht man vor einem Zelt angebundene Pferde: junge Kinder werden kostümiert und anschließend im Sattel sitzend fotografiert, ähnlich wie der heilige Georg der hier in Oberägypten stets auf einem Pferd sitzend abgebildet ist.

Wallfahrt zum heiligen Georg in Riziqat - Wohnzelte, © Stefan Gerke
Wohnzelte

Der heilige Georg wird hier von den orthodoxen Christen unter dem Namen "Batal" (Arabisch für Held) angebetet. Er wurde in der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts in Kappadokien geboren und stieg unter Diokletian (Regent von 284 bis 305) in der römischen Armee zu einem hohen Offiziersrang auf. Als Christ wurde Georg nach zahlreichen Martern am 23.04.303 enthauptet. In der orthodoxen Kirche gilt er als Großmärtyrer (Megalo martyros), ein befreundeter Priester bezeichnet ihn als "Obersten der Heiligen". So ist es nicht verwunderlich, dass der heilige Georg der am häufigsten vorkommende Namenspate von koptisch-orthodoxen Kirchen ist.

Der Kult des heiligen Georg begann in Europa erst recht spät: Es war König Richard Löwenherz der ihn 1192 nach dem dritten Kreuzzug aus dem Nahen Osten importierte.

Wallfahrt zum heiligen Georg in Riziqat - Mein Freund Shenuda aus Nag' Hammadi, © Stefan Gerke Ein Spaziergang durch die Zeltstadt vermittelt eine friedvolle, harmonische und vor allem lebensfrohe Atmosphäre. Man sieht junge Frauen, die in ihren besten Sonntagskleidern aus der Kirche kommen, Familien aus dem Delta, Gruppen von jungen Erwachsenen, umherstreifende Kinder und natürlich auch Mönche und Priester. Auffallend ist, dass hier nur Freude und Lachen vorherrscht, in den drei Tagen meines Aufenthaltes habe ich keinen Streit beobachtet.

Mein Freund Shenuda aus Nag' Hammadi

Jeden Morgen findet in der Klosterkirche eine heilige Messe statt. Da die Kirche nur eine sehr beschränkte Zahl von Personen zulässt, versammeln sich Tausende Gläubige in der Peripherie und nehmen auf diese Weise an dem Gottesdienst teil. Die Bäckerei, welche das "Kurban" (Brot mit Stempel und fünf Vertiefungen. welche die Wunden Christi darstellen) bäckt, arbeitet von früh bis spät, um die Bedürfnisse der Pilger zu befriedigen. Zu jeder Tageszeit bis spät in die Nacht trifft man Pilger, die vor den Reliquien und der Wunderikone des heiligen Georg beten bzw. Gesänge anstimmen. Nach der Messe bummelt man durch die Zeltstadt, führt Gespräche und trinkt Tee.

Die Organisation der Zeltstadt ist eine logistische Meisterleistung. Man stelle sich vor, sämtliche Einwohner der Stadt Köln auf einer Fläche von 3 km² anzusiedeln und sieben Tage lang mit Lebensmitteln, Wasser, Strom und Entsorgung zu versorgen. Die Wasserversorgung erfolgt mittels Tankwagen bzw. Kanistern, die mit Esels- oder Schubkarren transportiert werden. Im Besonderen werden an den Zufahrtsstraßen von benachbarten Landwirten frische Produkte an die Pilger verkauft. Die für die Organisation der Zeltstadt zuständigen Mönche des Klosters haben diese Aufgabe meisterhaft erfüllt.

Auf dem Gelände befinden sich zahlreiche Tätowierer (Stecher), die mit dem Summen ihrer Maschinen auf sich aufmerksam machen. An ihren Ständen sieht man zahlreiche gerahmte Abbildungen mit religiösen Motiven, unter denen die Kunden wählen können. Meist sind es Motive die den Heiland, die Jungfrau Maria, Kreuze oder Heilige darstellen. Auf dieser Pilgerfahrt sind der heilige Georg zu Ross sowie die Jungfrau Maria die populärsten Motive.
Jeder Kopte hat mindestens eine Tätowierung: ein kleines Kreuz wird meist schon in jungen Jahren am rechten Handgelenk oder Handballen eintätowiert. Nicht wenige Pilger lassen sich auf jeder Pilgerfahrt erneut stechen; entweder ein weiteres Kreuz oder eines der oben angeführten Motive.

Wallfahrt zum heiligen Georg in Riziqat - Tätowierer, © Stefan Gerke
Tätowierer

Interessant ist, dass sich Gläubige aller Altersgruppen und beider Geschlechter tätowieren lassen. So sieht man öfters junge Menschen, die von ihrer besten Freundin bzw. ihrem besten Freund begleitet mit geschlossenen Augen auf dem Hocker sitzen, während der Tätowierer ein neues Motiv sticht. Besonders beliebt sind die Tätowierungen bei Jungen von 6 bis 15 Jahren, die nach vollbrachter Tat stolz ihre neuen Tätowierungen vorzeigen. Mit ihren Tätowierungen stellen die Christen die Zugehörigkeit zu ihrer Religion öffentlich dar und bekennen sich dazu. Ein weiterer Aspekt ist eine Schutzfunktion, die z.B. von St. Georg erhofft wird.

Für die meisten Menschen, mit denen ich sprach, ist die Wallfahrt die einzige Möglichkeit im Jahr einen Urlaub zu haben. Man trifft Freunde und Bekannte, die in entfernteren Orten wohnen, und fühlt sich glücklich, sicher und zufrieden. Neben dem religiösen Hintergrund der Pilgerfahrt spielt die soziale Komponente eine wichtige Rolle; so haben hier z. B. junge Erwachsene die Möglichkeit sich näher kennenzulernen.

Wallfahrt zum heiligen Georg in Riziqat - Händler, © Stefan Gerke
Händler

Für mich persönlich ist die Pilgerfahrt einer der Höhepunkte des Jahres. Schon bereits einige Tage vor dem offiziellen Beginn sieht man, wie in der Nachbarschaft die Wagen beladen werden und erhält Einladungen. Sobald man das Gelände der Zeltstadt erreicht, betritt man eine völlig andere Welt, als ich sie aus meinem Wohnort Luxor kenne. Man wird ohne Hintergedanken zu einen Getränk eingeladen und führt Gespräche mit Menschen aller Bevölkerungsschichten. Besonders erfreulich ist, dass man nicht ständig um Bakschisch angebettelt wird; in den Tee- und Verkaufszelten zahlt man die üblichen Preise, ohne übervorteilt zu werden. Man trifft Freunde, Bekannte, Nachbarn und kann sich völlig frei und sorglos bewegen. Die gewonnenen Erfahrungen und Eindrücke wirken noch lange nach, ich freue mich schon auf die Pilgerfahrt 2011.

Wallfahrt zum heiligen Georg in Riziqat - Abreise, © Stefan Gerke
Abreise

Es ist recht unkompliziert, die Pilgerfahrt, die jedes Jahr vom 10. bis 17. November stattfindet, zu be-suchen: auf dem Platz 100 Meter rechts des Bahnhofes in Luxor stehen Minibusse, die etwa alle 10 Minuten für LE 5,- zum Kloster fahren. Achten Sie auf das Wort "Deir" (Kloster) mit dem die Fahrer ihr Ziel ausrufen. Jeder Besucher ist herzlich willkommen, es erwarten Sie Spaß, Freude, nette Bekanntschaften und vor allem der Einblick in ein anderes Ägypten, das vielen bisher leider verschlossen war.

 

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